conflict & communication online, Vol. 11, No. 2, 2012
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ISSN 1618-0747

 

 

 

Felix Gaisbauer
Darstellungen von Viktimisierung und Verantwortlichkeit während Zweiter Intifada und Gazakrieg in deutschen Qualitätstageszeitungen

Der deutschen Presse wurde wiederholt vorgeworfen, durch einseitige Berichterstattung (Bias) über den israelisch-palästinensischen Konflikt nicht nur anti-israelische, sondern auch antisemitische Einstellungen bei ihren Lesern zu nähren. Eine inhaltsanalytische Studie von Maurer und Kempf (2011) an einer repräsentativen Stichprobe der Berichterstattung zur Zweiten Intifada und zum Gazakrieg konnte diese Vorwürfe nicht stützen. Die Studie konzentrierte sich aber vor allem auf eskalations- vs. deeskalationsorientierte Darstellungen der Konfliktparteien.
Aufbauend auf das gleiche Textmaterial (N = 396 Zeitungsartikel) hat diese Studie zum Ziel, die Darstellung (Framing) von israelischen und palästinensischen Opfern sowie die Verantwortlichkeitsdarstellung für diese Viktimisierung herauszuarbeiten. Mittels Latent-Class-Analyse werden konsistente Muster von Stilmerkmalen identifiziert, die Aspekte von Viktimisierung und Verantwortlichkeit betonen oder unterdrücken. Diese Medienframes werden anschließend hinsichtlich ihrer Parteilichkeit (Bias) und zeitlichen Tendenz (Zweite Intifada vs. Gazakrieg) untersucht.
Es zeigt sich, dass die Medienframes von der Zweiten Intifada zum Gazakrieg zunehmend pro-palästinensisch gebiast sind, während der pro-israelische Bias in der Berichterstattung schwächer wird. Dem wird teilweise dadurch begegnet, dass um Ausgewogenheit bemühte Frames mit pro-israelischer Tendenz israelische Zivilopfer hervorheben. Dabei bedienen sich alle untersuchten Zeitungen der hier identifizierten Biasformen in gleichem Ausmaß, sodass nicht die Presse „an sich“ als gebiast zu werten ist, sondern vielmehr einzelne Artikel in allen Zeitungen klar Position beziehen.

 

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Über den Autor:
Felix Gaisbauer, geb. 1985, Diplom-Psychologe, studierte Psychologie und Politologie an der Universität Konstanz sowie im Rahmen eines Auslandssemesters Middle East Studies an der Tel Aviv University. Er war Mitglied der Projektgruppe Friedensforschung an der Universität Konstanz und arbeitete in dem DFG-Projekt "Israelkritik, Umgang mit der deutschen Geschichte und Ausdifferenzierung des modernen Antisemitismus" unter der Leitung von Prof. Dr. Wilhelm Kempf.
eMail: felix.gaisbauer@uni-konstanz.de