conflict & communication online, Vol. 10, No. 2, 2011
www.cco.regener-online.de
ISSN 1618-0747

 

 

 

Markus Maurer & Wilhelm Kempf
Israelkritik und Antisemitismus? Eine vergleichende Analyse der deutschen Presseberichterstattung über 2. Intifada und Gaza-Krieg

Die deutsche Medienberichterstattung über den Nahost-Konflikt wurde verschiedentlich dahingehend kritisiert, einen anti-israelische Bias zu haben, der die alten, gebräuchlichen Vorurteile und Stereotype gegenüber Juden stärke und die Anschuldigung unterstütze, die Juden würden die Tragik des Holocaust missbrauchen um die israelische Palästina-Politik zu rechtfertigen: Insbesondere während des Gaza-Krieges sei Israel als Aggressor dargestellt, der palästinensische Terrorismus dagegen heruntergespielt worden.
Bisher gibt es kaum systematische Forschung zu dieser Frage. Die vorliegende Studie soll diese Lücke zu füllen helfen, indem sie eine vergleichende Inhaltsanalyse der Berichterstattung über die 2. Intifada und den Gaza-Krieg in Die Welt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau und Tageszeitung vornimmt.
Eine repräsentative Stichprobe von 396 Artikeln aus diesen Zeitungen, die das gesamte politische Spektrum von rechts nach links abdecken, wurde entlang der drei Dimensionen (1) Darstellung des Verhaltens der Konfliktparteien, (2) Bewertung ihrer Intentionen und Handlungen, und (3) Interpunktion des Konfliktes & Darstellung seiner Opfer analysiert.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Darstellung beider Konflikte weit differenzierter war als von ihren Kritikern angenommen. Auch während des Gaza-Krieges hat die deutsche Qualitätspresse ihr Bestes getan, sich nicht auf die Seite der Palästinenser zu schlagen. Falls sie tatsächlich zur Stärkung anti-israelischer oder sogar antisemitischer Einstellungen beigetragen hat, so war dies eher der Erzeugung von Reaktanz geschuldet als einem anti-israelischen Bias der Berichterstattung.

 

  deutscher Volltext  
 

 

Eine frühere englischsprachige Version dieses Aufsatzes wurde unter dem Titel „Coverage of the Second Intifada and the Gaza War in the German quality press“ am Annual Scientific Meeting of the International Society of Political Psychology (ISPP) in Istanbul, 9.-12. Juli 2011, vorgestellt und kann hier heruntergeladen werden.


Zu den Autoren:

Markus Maurer erwarb sein Diplom in Psychologie an der Universität Konstanz. Derzeit arbeitet er als Dozent und Seminarleiter im Bereich der gewaltfreien Kommunikation. Interessengebiete: Gewaltfreie Kommunikation, Konfliktbewältigung und - vermittlung.
Adresse: Geissbergstrasse 30, CH - 5408 Ennetbaden, Schweiz
eMail: markus_maurer@gmx.ch

Wilhelm Kempf ist seit 1977 Professor für Psychologische Methodenlehre und Leiter der Projektgruppe Friedensforschung an der Universität Konstanz. Seit 2002 Herausgeber von conflict & communication online. Arbeitsschwerpunkte: Gewaltfreie Konfliktlösungen, Konstruktion sozialer Wirklichkeit durch die Massenmedien.
Adresse: Fachbereich Psychologie, Universität Konstanz, D-78457 Konstanz.
Website: http://www.uni-konstanz.de/FuF/SozWiss/fg-psy/ag-meth/
eMail: Wilhelm.Kempf@uni-konstanz.de