conflict & communication online, Vol. 9, No. 2, 2010
www.cco.regener-online.de
ISSN 1618-0747

 

 

 

Steffen Hillebrecht (2009). Kommunikation und Medien. Ein Arbeitsbuch für Hochschule und Praxis. Gernsbach: Deutscher Betriebswirte-Verlag.

Man braucht keine Beweise vorzulegen, um argumentieren zu können, dass Kommunikation genau so alt wie die Menschheit ist. "Man kann nicht nicht kommunizieren" (Watzlawick et al. zitiert in Kempf 2009, 273). Obwohl Kommunikation als Wissenschaft eine relativ junge Disziplin ist, hat das letzte Jahrhundert zahlreiche Forschungen, Studien, Zeitschriften und Bücher hervorgebracht. Für Einsteiger oder Nichtwissenschaftler wird es immer schwieriger, sich in diesem Feld zu orientieren und sich über erfolgreiche Kommunikationsstrategien und Massenmediengesellschaft aus praktischer Sicht zu informieren.
Mit dem vorliegenden Arbeitsbuch Kommunikation und Medien stellt der Autor Steffen Hillebrecht, der über langjährige Erfahrungen in Medien und Presseberatung verfügt, eine ausführliche Einführung in Kommunikation und Medien für Hochschulen und Praxis zur Verfügung. Das Buch ist übersichtlich in fünf Kapitel "Die Grundlagen der Kommunikation", "Die Gestaltung von Kommunikation", "Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen", "Medien und Massenkommunikation" und "Die Medienwissenschaft als Beschreibung organisierter Kommunikation" gegliedert. Die thematisch geteilten und kurz definierten Sub-Kapitel und umfangreichen Abbildungen sorgen für angenehme Lesbarkeit. Jedes Kapitel beginnt mit einer kurzen Einleitung und einer Auflistung der intendierten Lernaspekte. Jedes Unterkapitel wird mit wichtigen Schlussfolgerungen stichpunktartig zusammengefasst, was den Lernprozess anregt. Das Buch richtet sich an einen breitgefächerten Personkreis aus verschiedenen Disziplinen, die sich einen Überblick über Arten, Formen und Mittel der Kommunikation wie auch über Organisation, Gestaltung, Analyse und Ökonomie der Medien verschaffen wollen.
Um einen ersten Kontakt mit seinem Publikum herzustellen, definiert der Autor zuerst den Begriff Kommunikation als "in Gemeinschaft zu sein" und "etwas mit[zu]teilen" und zeigt dadurch, wie er mittels eingeführter Definition bereits erfolgreich Kommunikation zwischen Autor und uns Lesern betrieben hat. Durch die ersten drei Kapitel versucht Hillebrecht, diesen Kontakt mit Hilfe konkreter Situationen und direkt gestellter Fragen aufrechtzuerhalten. Es gelingt ihm auch, mit Hilfe lebendiger Beispiele aus Alltag, Geschichte, Kunst, Wirtschaft, Kinematographie, Sport, Psychologie, Konfliktlösung, Politik usw. den Leser dazu zu bringen, über eigene Kommunikationsformen und Verhaltensweisen und über die der Anderen nachzudenken und zu reflektieren. Unabhängig davon, ob man sich als Absender oder Empfänger positioniert: Man findet auf diesen Seiten wertvolle Ratschläge, wie man erfolgreich mit anderen kommuniziert, die Gründe gescheiterter Kommunikation erkennt und konstruktiv mit ihnen umgeht. Sei es als Verkäufer am Arbeitplatz oder als Vorgesetzter im Büro, man wird die von Hillebrecht angeführten alltagsnahen Erklärungen und Kommunikationsstrategien bereichernd finden. Allerdings, wie der Autor auch selbst anerkennt, dienen die zitierten Werke von renommierten Wissenschaftlern wie Karl Bühler, Harold Laswell, Paul Lazarsfeld, Niklas Luhmann und Friedemann Schulz von Thun u. a. nicht so sehr der ausführlichen Auseinandersetzung mit verschiedenen Kommunikationsaspekten oder der Vertiefung des Wissens darüber, sondern lediglich dazu, Interesse und Neugier bei dem Leser zu wecken. Weil Hillebrecht auf spezifisch deutsche Beispiele zurückgreift und dabei das Wort "wir" benutzt, wird es für nichtdeutsche Leser zunächst schwer, sich als Zielgruppe des Buches zu verstehen. Das Gefühl verschwindet aber schnell, denn der Leser zieht Vorteile daraus und lernt Einiges über Kommunikationsaspekte in der deutschen Sprache und Kultur.
Das vierte Kapitel bietet einen umfangreichen Überblick über Elemente, Organisation, Gestaltung und Innovationen in Medien und Massenkommunikation. Wie werden Medien erstellt, aufbereitet und verteilt? Wie unterscheiden sich die Kernleistungen von deutschen Journalisten und Redakteuren und wo liegen die Abgrenzungen zu PR-Arbeit? Wie unterscheidet man objektive von neutraler Berichterstattung? Was ist Propaganda und warum hat das Wort eine negative Konnotation? Der Leser erhält Antworten auf diese Fragen und wird überdies über staatliches Handeln, Rechtsrahmen der gesellschaftlichen Kommunikation und Sozial- und Marktforschung als Kommunikationsinstrumente informiert.
Das fünfte Kapitel wird besonders bei jungen, empirisch ausgerichteten Wissenschaftlern gut ankommen, wobei es auch für Nichtwissenschaftler hoch interessant sein dürfte, einen Einblick in medienpsychologische und mediensoziologische Grundlagen zu bekommen. Wie wirken Medien auf die einzelnen Personen? Wie wird soziale Wirklichkeit durch die Medien überhaupt erst konstruiert? Wie wirken die dargestellten Inhalte auf Handlungsdispositionen des Konsumenten? Welche Medien werden in Deutschland von verschiedenen sozialen Gruppen benutzt und in welchem Umfang? Inwieweit sind medienpädagogische Maßnahmen umsetzbar? Obwohl der Autor sich mit diesen und anderen medienwissenschaftlichen Fragen intensiv auseinandersetzt und seine Analyse durch empirische Erkenntnisse stützt, mag mancher skrupulöse Leser fragen, warum der Autor die vielen gestellten Fragen unbeantwortet lässt. Dieses Kapitel bietet keine methodologischen Vorgehensweisen oder erschöpfenden theoretischen Grundlagen an, über die der Leser sich vertieft informieren könnte oder die dazu dienen könnten, wissenschaftliche empirische Forschung zu betreiben. Es vermittelt lediglich eine Übersicht und überlässt es dem Leser, darüber nachzudenken, welche Medienaspekte untersucht werden könnten. Hillebrecht schließt sein Buch mit der entsprechenden Anmerkung, dass viele medienwissenschaftliche Ansätze unerwähnt blieben und es dem Wissenschaftler folglich überlassen sei, einen eigenen, aus seiner Sicht am besten geeigneten Weg zu wählen und diesen entsprechend der wissenschaftlichen Konventionen offenzulegen.
Auf jeden Fall gibt Hillebrecht wertvolle Hinweise aus praxisorientierter Sicht, wie die Medien im deutschsprachigen Raum organisiert sind und bietet eine interessante und anregende Lektüre für jeden, der in unterschiedlichen Kontexten erfolgreich kommunizieren will.

Literatur
Kempf, W. 2009. Forschungsmethoden der Psychologie. Zwischen naturwissenschaftlichem Experiment und sozialwissenschaftlicher Hermeneutik. Band I: Theorie und Empirie. 3. Auflage. Berlin: regener, 273.

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Irina Wolf

 

 

     
 

Über die Autorin: Irina Wolf arbeitet seit 2008 an ihrem Ph.D. über Presseberichterstattung über Hizb ut-Tahrir in deutschen, britischen und kirgisischen Zeitungen zwischen 2002 und 2007 und ist Mitarbeiterin in der Projektgruppe Friedensforschung an der Universität Konstanz. Sie erwarb ihren B.A. und M.A. in Politikwissenschaft an der Amerikanischen Universität in Zentralasien und an der OSZE Akademie in Bischkek. Ihre Arbeitsschwerpunkte beinhalten quantitative und qualitative Methoden der Medieninhaltsanalyse, Konfliktforschung und politischer Islam.

Adresse: Wolf.Irina@gmail.com

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