conflict & communication online, Vol. 7, No. 1, 2008
www.cco.regener-online.de
ISSN 1618-0747

 

 

 

Sogdiana Azhiben
Der Zwischenfall von Andijan: Radikaler Islam und Konflikt in Usbekistan

Gegenstand der vorliegenden Studie ist es, anhand einer Analyse des radikal islamistischen Diskurses und der in Zusammenhang mit sozio-ökonomischer und politischer Instabilität stehenden Ereignisse in Andijan am 13. Mai 2005, den Einfluss des radikalen Islams auf die enstehenden Konflikte in Usbekistan zu untersuchen. Zu diesem Zweck wird unter Bezugnahme auf bestehende Theorien des politischen Islams untersucht, mit welchen Narrativen und Diskursen der religiöse Faktor, die usbekische Regierung, die internationale Staatengemeinschaft und die usbekische Bevölkerung in den einheimischen und ausländischen Medien dargestellt werden. Im ersten Abschnitt werden die zentralen Forschungsfragen der Untersuchung formuliert und der Versuch unternommen, das Phänomen des radikalen Islams in einer für das Verständnis des usbekischen Falles angemessenen Weise in Begriffe zu fassen. Die folgenden drei Abschnitte diskutieren den Zwischenfall von Andijan und geben eine detaillierte Analyse seiner Vorbedingungen, seiner Entstehung und seiner Nachwirkungen. Die Ergebnisse zeigen eine Kontinuität der Unterdrückung des Islam, auch in der post-sowjetischen politischen Situation des heutigen Usbekistans. Die radikal islamische Rhetorik, die zum Instrument des Konfliktaustrags geworden ist, beruht stärker darauf, die Entstehung einer Opposition zu verhindern, als auf einem anti-westlichen Widerstand gegen importierte demokratische Werte. Um die usbekische Gesellschaft zu verstehen ist es von Bedeutung dass es den radikal islamischen Ideen deswegen nicht gelungen ist, die Unterstützung der breiten Bevölkerung zu gewinnen, weil der gängige usbekische Islam eher eine Frage der Religiosität denn eine Frage der Religion ist. Erstere, die auf Konzepten der Spiritualität beruht, hat in der heimischen Kultur und Lebensart einen größeren Einfluss und unterstützt Gewalt als Mittel der Einflussnahme nicht. Politisch betrachtet stellt die Überbetonung des religiösen Radikalismus jedoch einen Fehlschlag des politischen Systems dar, der die Korruption begünstigt und notwendige soziale und ökonomische Reformen verhindert. Sie trägt zur Verbreitung von Unzufriedenheit bei, die in Form von Ressentiments gegenüber dem Gewaltmonopol des Staates ihren Ausdruck findet. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass die Neuordnung der Sicherheitspolitik gegenüber Russland und China die politische Absicht widerspiegelt, die islamistische Bedrohung mittels einer erneuerten Kooperationsstrategie zu bekämpfen und künftige Unruhen in Usbekistan zu verhindern. Letztlich ermöglicht ein solcher "status quo" jedoch die Übertreibung radikaler religiöser Strenge, welche der zunehmenden Radikalisierung zu öffentlicher Akzeptanz verhilft.

 

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Zur Autorin:
Sogdiana Azhiben erwarb ihren Bachelor in Chinesischer Sprache und Literatur am Tashkent State Institute of Oriental Studies in 2005. In 2003-2004 nahm sie an dem von der US-Regierung geförderten Austauschprogramm in American Studies an der Eastern Connecticut State University teil. In 2006 erhielt sie ihren MA in Politikwissenschaft (Zentralasien) von der OSCE Akademie in Bishkek, Kirgisistan. Sie veröffentlichte einen Aufsatz über Chinesische Tiefenkultur am Austrian Institute for Integrative Conflict Transformation and Peace Building. Ihre bisherige Berufstätigkeit umfasst ein Praktikum im OSCE Sekretariat in Wien, einen Ganztagsjob beim Tashkent Field Office des International Research and Exchanges Board (IREX) und Übersetzertätigkeiten für das usbekische Fernsehen.

eMail: bagira_uz@yahoo.com