conflict & communication online, Vol. 5, No. 2, 2006
www.cco.regener-online.de
ISSN 1618-0747

 

 

 

Annabel McGoldrick
Kriegsjournalismus und "Objektivität"

Dieser Artikel beginnt mit der Betrachtung eines offensichtlichen Paradoxons. Viele professionelle Journalisten, die in vielen Ländern mit vielen Medien arbeiten, halten sich selbst für "objektiv". Zumindest stellen sie ihre Berichterstattung über wichtige Angelegenheiten nicht zugunsten der einen oder der anderen Seite verzerrt dar. Und dennoch zeigt ein großer Teil ihrer Konfliktberichterstattung ein erkennbar dominantes Muster von Kriegsjournalismus - verzerrt zugunsten von Krieg.
Dieser Artikel geht davon aus, dass dies nicht aus einem Mangel, sondern aus einem Übermaß an Objektivität geschieht. Die meisten Konventionen, von denen viele Herausgeber und Reporter glauben, dass sie "objektiven" Journalismus definieren, entstanden als Reaktion auf ökonomische und politische Bedingungen, welche v. a. solche Nachrichten bevorzugten, die von der Mehrheit der Konsumenten als einwandfrei akzeptiert wurden .
Drei der wichtigsten Konventionen bevorzugen offizielle Quellen, eine dualistische Konstruktion von Geschichten, und Ereignisse gegenüber Prozessen. Wenn man sie für die Darstellung von Konflikten verwendet, bringt jede von ihnen Leser und Publikum dazu - oder auch nicht -, gewaltsame, reaktive Antworten zu überbewerten und nicht-gewaltsame, entwicklungsartige Reaktionen zu unterbewerten.
Produktionsstandards stehen in einem Spannungsverhältnis zu den klassischen Erwartungen des Journalismus. Diese sind in den Regulationen vieler Rechtssprechungen festgelegt, die den Inhalt von Nachrichtensendungen bestimmen.
In einigen Aspekten kann gezeigt werden, dass es Kriegsjournalismus für Nachrichtensendungen schwieriger macht, ihre öffentlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Derzeit wächst ein Bewusstsein für die Spannung zwischen diesen beiden Begrenzungen für Journalismus und den Einfluss auf die Art, wie öffentliche Debatten geführt und mediiert werden. Mehr Friedensjournalismus würde dazu beitragen, die Nachrichten wieder mit den berechtigten öffentlichen Erwartungen in Einklang zu bringen.

 

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Zur Autorin:
Annabel McGoldrick ist eine erfahrene Journalistin und Produzentin für Fernseh- und Radionachrichten. Sie berichtete über Konfliktgebiete in Indonesien, den Philippinen, dem Mittleren Osten, Thailand und Burma.
Sie hat Trainingskurse für professionelle Herausgeber und Journalisten in vielen Ländern und für Doktoranden an den Universitäten in Sydney und Queensland, Australien, geleitet. Ihr Film "News from the Holy Land" (2004) und ihr Buch "Peace Journalism" (2005) wurden bei Hawthorn Press publiziert.
Sie ist auch eine erfahrene Psychotherapeutin, spezialisiert auf Traumata und Konflikterzählungen.

eMail: annabelmcg@reportingtheworld.org.uk