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Jörg Becker
Der Beitrag der Medien zu Krisenprävention und Konfliktbereinigung
Weder lösen Medien
einen Krieg aus, noch können sie ihn beenden. Medienkommunikation
kann aber verstärkend in Prozesse von sozialer Kommunikation und
gesellschaftlichem Wandel positiv eingreifen. Medienwirkung ist stets
multikausal und langfristig. Medienwirkung im Hinblick auf Krisenprävention
und Konfliktbearbeitung erfordert eine institutionelle Absicherung in
der Form von kontroverser Öffentlichkeit, Möglichkeit zu Vielfalt
und Pluralismus, Medienrecht als Rahmenbedingung von Rechtstaatlichkeit
und journalistischen Ethikkodices als Regulativ für verantwortliches
Handeln auf individueller Ebene.
Bei Projekten im Bereich von Medienarbeit zur Krisenprävention und
Konfliktbearbeitung müssen folgende Probleme und Dilemmata gesehen
werden: (1) das Verhältnis von Gewalt zu kultureller Autonomie, (2)
das Verhältnis von innen zu außen, (3) das Verhältnis
von sozialem Lernen zu technologischer Intervention, (4) das Verhältnis
von NGOs zu Staat und Regierung und (5) das Verhältnis von Eingreifen
zu Zurückhaltung.
Die Diskussionen in den 70er und 80er Jahren im Rahmen der sogenannten
Entwicklungskommunikation stellen eine gute Ausgangsbasis für neue
Aufgaben dar. Der alte Ansatz von Sozialarbeit mittels Medien ist zu revitalisieren
und im Sinne von Gewaltprävention durch Medien neu zu durchdenken.
Den für die Gewaltprävention geeigneten Medien Radio und Video
sind heute neue Medien an die Seite zu stellen.
Um erfolgreich zu sein, aber auch, um eine notwendige neue politische
Moral in der Entwicklungszusammenarbeit sichtbar werden zu lassen, wird
empfohlen, ein soziales Netzwerk mit daran interessierten NGOs zu gründen
und diese auf die folgenden vier formalen Projektprinzipien festzulegen:
(1) Die Bedürfnisorientierung der Zielgruppe hat allerhöchste
Priorität. (2) Vor Ort ist eine intensive Kooperation und Koordination
mit allen anderen Projekten (gerade auch aus anderen Ländern und
von "konkurrierenden" Geldgebern) erwünscht und notwendig.
(3) Jedes Projekt muss professionell von außen evaluiert werden
(vorher, während, nachher). (4) Es wird eine größtmögliche
Transparenz in Bezug auf die Projektfinanzen, die politischen Auftraggeber
und die Projektziele angestrebt. Zwar sind solche Grundsätze unspezifisch
für Medienprojekte auf dem Gebiet der Krisenprävention und Konfliktbearbeitung,
aber gerade bei in diesem Aufgabenfeld gilt es eine Übereinstimmung
zwischen Ziel und Mitteln anzustreben: Der Weg ist das Ziel.
Es wird außerdem empfohlen, sich insbesondere mit Medienprojekten
im präventiven Bereich zu profilieren, da sie bislang kaum durchgeführt
werden, da sie grundsätzlich auf Nachhaltigkeit angelegt sind, da
sie eher im Bereich der Infrastruktur als der Nothilfe liegen und da sie
(in einer Anstoßphase) einfacher zu veranstalten sind als Medienprojekte
während eines oder nach einen Krieg/Konflikt. Präventive Projekte
haben den methodischen Nachteil, dass man aus einer ex post-Perspektive
nie eindeutig feststellen kann, ob gerade sie die Verschlimmerung eines
Konfliktes verhindert haben; sie weisen aber den Vorteil auf, dass man
sich im Vorfeld eines manifesten Konfliktes bewegt, also bei weitem weniger
falsch machen kann als in der Hektik und Dynamik eines manifesten Konflikts
oder unter den schwierigen Bedingungen eines Post-Konflikts.
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Zum Autor: Jörg Becker, geb. 1946, Honorarprofessor
am Institut für Politikwissenschaft der Universität Marburg, Gastprofessor
für Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck, Österreich,
und Geschäftsführer des KomTech-Instituts für Kommunikations-
und Technologieforschung in Solingen; www.komtech.org.
Jüngste Veröffentlichungen: (Hg.) Türkische Medienkultur
in Deutschland. 3 Bde., Loccum: Evangelische Akademie Loccum 2000-2003;
(Hg.) Medien zwischen Krieg und Frieden, Baden-Baden: Nomos Verlag 2002;
Information und Gesellschaft, Wien: Wissenschaftlicher Verlag Springer 2002;
Conflict and Communication, New Delhi: Concept 2004.
Adresse: Kom Tech. Institut für Kommunikations- und Technologieforschung,
Augustastr. 18, D 42655 Solingen, Germany; eMail: joerg.becker@komtech.org |
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