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Wilhelm Kempf
Friedensjournalismus aus Sicht der Journalismusforschung: Eine kritische
Würdigung
Ausgehend von einem
Verständnis von Friedensjournalismus, das diesen nicht als Antipode,
sondern als notwendige Voraussetzung von Qualitätsjournalismus ansieht,
unternimmt der vorliegende Aufsatz eine Synthese der von David Loyn, Thomas
Hanitzsch, Jake Lynch und Samuel Peleg in conflict & communication
online, Vol. 6, No. 2, vorgetragenen Thesen und Antithesen.
Die Aufgaben des friedensjournalistischen Programms sieht der Autor in
der Untersuchung der Bedingungen und Möglichkeiten, unter denen Journalisten
ihre Arbeit in Kriegs- und Krisensituationen auch tatsächlich besser
machen können, sowie in der Bereitstellung und praktischen Umsetzung
der Kompetenzen, die dafür erforderlich sind.
Obwohl Friedensjournalismus in der Konflikt- und Krisenkommunikation auf
absehbare Zeit eine Minderheitsposition einnehmen wird, kann er auch aus
dieser heraus dazu beitragen, den Mediendiskurs über Konflikte transparenter
und ausgewogener zu gestalten und die Konfliktberichterstattung vor der
verhängnisvollen Propagandafalle zu bewahren, in welche traditionelle
Kriegsberichterstattung mit Regelmäßigkeit zu tappen pflegt.
Als Voraussetzung hierfür bedarf es eines kritischen Hinterfragens
so mancher Mythen, die der Journalismus mit den Medienwissenschaften teilt,
sowie eines klaren Trennstrichs zwischen Journalismus und Public Relations.
Insbesondere ist davor zu warnen, die traditionellen Werkzeuge des Qualitätsjournalismus
vorschnell über Bord zu werfen. Zwar ist es dringend nötig,
das journalismusübliche Verständnis von Objektivität zu
revidieren und konstruktiv weiterzuentwickeln; sich von der Forderung
nach Objektivität radikal abzukehren, gefährdet jedoch nicht
nur die professionelle Akzeptanz des friedensjournalistischen Projektes,
sondern lässt den Friedensjournalismus auch den Vertrauensvorschuss
verspielen, der ihm von Seiten der Rezipienten gewährt wird.
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Zum Autor:
Wilhelm Kempf, seit 1977 Professor für Psychologische Methodenlehre
und Leiter der Projektgruppe Friedensforschung an der Universität
Konstanz. Seit 2002 Herausgeber von conflict & communication online.
Arbeitsschwerpunkte: Gewaltfreie Konfliktlösungen, Konstruktion sozialer
Wirklichkeit durch die Massenmedien. Veröffentlichungen u.a.: Konflikt
und Gewalt (Münster: agenda, 2000); Los Medios y la Cultura de Paz
(mit Sonia Gutiérrez Villalobos, Berlin: regener, 2001); Journalism
and the New World Order. Vol. II. Studying War and the Media(mit Heikki
Luostarinen, Göteborg: Nordicom, 2002); Constructive Conflict Coverage
(herausgegeben vom Austrian Study Center for Peace and Conflict Resolution,
Berlin: regener, 2003).
Adresse: Fachbereich
Psychologie, Universität Konstanz (www.uni-konstanz.de), D-78457
Konstanz
eMail: Wilhelm.Kempf@uni-konstanz.de,
Website: http://www.uni-konstanz.de/FuF/SozWiss/fg-psy/ag-meth/index.html
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