conflict & communication online, Vol. 6, No. 2, 2007
www.cco.regener-online.de
ISSN 1618-0747

 

 

 

Wilhelm Kempf
Friedensjournalismus aus Sicht der Journalismusforschung: Eine kritische Würdigung

Ausgehend von einem Verständnis von Friedensjournalismus, das diesen nicht als Antipode, sondern als notwendige Voraussetzung von Qualitätsjournalismus ansieht, unternimmt der vorliegende Aufsatz eine Synthese der von David Loyn, Thomas Hanitzsch, Jake Lynch und Samuel Peleg in conflict & communication online, Vol. 6, No. 2, vorgetragenen Thesen und Antithesen.
Die Aufgaben des friedensjournalistischen Programms sieht der Autor in der Untersuchung der Bedingungen und Möglichkeiten, unter denen Journalisten ihre Arbeit in Kriegs- und Krisensituationen auch tatsächlich besser machen können, sowie in der Bereitstellung und praktischen Umsetzung der Kompetenzen, die dafür erforderlich sind.
Obwohl Friedensjournalismus in der Konflikt- und Krisenkommunikation auf absehbare Zeit eine Minderheitsposition einnehmen wird, kann er auch aus dieser heraus dazu beitragen, den Mediendiskurs über Konflikte transparenter und ausgewogener zu gestalten und die Konfliktberichterstattung vor der verhängnisvollen Propagandafalle zu bewahren, in welche traditionelle Kriegsberichterstattung mit Regelmäßigkeit zu tappen pflegt.
Als Voraussetzung hierfür bedarf es eines kritischen Hinterfragens so mancher Mythen, die der Journalismus mit den Medienwissenschaften teilt, sowie eines klaren Trennstrichs zwischen Journalismus und Public Relations. Insbesondere ist davor zu warnen, die traditionellen Werkzeuge des Qualitätsjournalismus vorschnell über Bord zu werfen. Zwar ist es dringend nötig, das journalismusübliche Verständnis von Objektivität zu revidieren und konstruktiv weiterzuentwickeln; sich von der Forderung nach Objektivität radikal abzukehren, gefährdet jedoch nicht nur die professionelle Akzeptanz des friedensjournalistischen Projektes, sondern lässt den Friedensjournalismus auch den Vertrauensvorschuss verspielen, der ihm von Seiten der Rezipienten gewährt wird.

 

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Zum Autor:
Wilhelm Kempf, seit 1977 Professor für Psychologische Methodenlehre und Leiter der Projektgruppe Friedensforschung an der Universität Konstanz. Seit 2002 Herausgeber von conflict & communication online. Arbeitsschwerpunkte: Gewaltfreie Konfliktlösungen, Konstruktion sozialer Wirklichkeit durch die Massenmedien. Veröffentlichungen u.a.: Konflikt und Gewalt (Münster: agenda, 2000); Los Medios y la Cultura de Paz (mit Sonia Gutiérrez Villalobos, Berlin: regener, 2001); Journalism and the New World Order. Vol. II. Studying War and the Media(mit Heikki Luostarinen, Göteborg: Nordicom, 2002); Constructive Conflict Coverage (herausgegeben vom Austrian Study Center for Peace and Conflict Resolution, Berlin: regener, 2003).

Adresse: Fachbereich Psychologie, Universität Konstanz (www.uni-konstanz.de), D-78457 Konstanz
eMail: Wilhelm.Kempf@uni-konstanz.de, Website: http://www.uni-konstanz.de/FuF/SozWiss/fg-psy/ag-meth/index.html