conflict & communication online, Vol. 1, No. 2, 2002
www.cco.regener-online.de
ISSN 1618-0747

 

 

 

Margarita Kondopoulou (Leicester)
Die griechischen Medien und die Kosovo-Krise

Die NATO-Luftangriffe (24/3/99-10/6/99), welche ein Ende der Misshandlung der albanischen Bevölkerung durch die Serben erzwingen sollten, wurden von einem Großteil der internationalen Staatengemeinschaft unterstützt. In Griechenland jedoch wurden sie ganz anders wahrgenommen. Eine Schlüsselposition für die stark ablehnende Haltung Griechenlands nahmen die griechischen Medien ein. Ihrer Auffassung nach bestand der wahre Grund für die NATO-Offensive in einer Änderung der geopolitischen Landkarte zum Vorteil des Westens, insbesondere der USA.
Der vorliegende Aufsatz geht davon aus, dass sowohl die griechischen als auch die internationalen Medien ihre eigenen (nationalen) Kontexte auf die Kosovo-Krise projizierten. Das besondere Interesse an der Untersuchung der griechischen Medien hat drei gute Gründe:

  • Eine eigenständige Perspektive unterschied die Medienberichterstattung in Griechenland - einem NATO-Mitglied - deutlich vom vorherrschenden Medienkonsens in der westlichen Welt.
  • Die Medienberichterstattung stand in deutlichem Gegensatz zur offiziellen Regierungspolitik, die zwar eine diplomatische Lösung der Krise gefordert hatte, letztlich aber doch die Entscheidung ihrer NATO-Partner unterstützen musste, Serbien zu bombardieren.
  • Das Abweichen der griechischen Medien vom Mainstream der NATO-freundlichen Berichterstattung hat in vielen anderen Ländern ein negatives Bild Griechenlands und seiner Medien entstehen lassen.

Eine Untersuchung der Medieninhalte zeigt, dass die griechischen Medien trotz aller Unterschiede in der politischen Ausrichtung und ungeachtet der Unterschiede in der Paraphrasierung der Anti-NATO-Argumente eine einheitliche Oppositionshaltung einnahmen. Zwar richteten sie ihre Aufmerksamkeit mehr oder weniger auf dieselben Themengebiete wie die Medien in der übrigen Welt, verkehrten jedoch die Argumentationsrichtung in ihr Gegenteil (so wurde z.B. die Schuld für das Flüchtlingsproblem den NATO-Luftangriffen zugewiesen und nicht den serbischen Gräueltaten). Die griechischen Medien nahmen generell eine Antikriegs-, Anti-NATO- und antialbanische sowie eine im Prinzip proserbische Position ein. Die Untersuchung der Herangehensweise der griechischen Medien an den Kosovo-Konflikt zeigt einerseits deren deutliche Antipathie gegenüber der "humanitären" NATO-Logik und dem kosovo-albanischen Faktor sowie andererseits eine aus einer Vielzahl von historischen, kulturellen, sozialen und geopolitischen Bedingungen gespeiste Empathie gegenüber den Serben. Darüber hinaus zeigt sie, dass diese Charakteristika mit einem wiederkehrenden Muster von ausgeprägtem Nationalismus übereinstimmen, welches für den Mediendiskurs und die journalistische Praxis im allgemeinen prägend ist.

 

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Zur Autorin: Margarita Kondopoulou hat mehrere Jahre lang für verschiedene griechische Radiostationen und Magazine als Journalistin gearbeitet. Sie hat einen BA Abschluß in Englischer Literatur vom American College of Greece (Deree) und einen MA Abschluß in Massenkommunikation vom Centre for Mass Communication Research (CMCR) an der University of Leicester, UK. Derzeit ist sie als Lehrbeauftragte im MA Fernstudienkurs am Centre for Mass Communication Research (CMCR) an der University of Leicester, UK, beschäftigt und arbeitet an ihrer Dissertation zur vergleichenden Analyse der griechischen und britischen Presseberichterstattung über die Kosovo-Krise. Sie hat zu diesem Thema mehrere Artikel publiziert.

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